Es ist manchmal erstaunlich wie Paare miteinander umgehen, die vorgeben sich zu lieben. Gegenseitiger Respekt ist doch die essentielle Basis für Verbundenheit. Das gilt auch für Freundschaften, Familie und Beruf. Der folgende Artikel betrifft Männer als auch Frauen gleichermaßen.
Wenn man sich verliebt möchte man am liebsten nur noch zusammen sein und miteinander „verschmelzen“. Man ist glücklich, jemand gefunden zu haben und genießt es. Dabei projiziert man all seine Hoffnungen und Sehnsüchte in den Traumpartner. Wenn die Schwächen offensichtlich werden projizieren wir eigene Unzulänglichkeit in unser Gegenüber hinein. Man ertappt sich beim Nörgeln, Meckern und wird damit immer ungenierter.
Kommt Dir das bekannt vor?
– Den anderen erstmal erziehen wollen und in manchen Belangen für unfähig halten.
– Seine Entscheidungen im Alleingang treffen und den anderen vor vollendete Tatsachen stellen.
– Nicht ausreden lassen. Anstatt die Antwort abzuwarten interpretiert man lieber selbst. Dadurch nimmt man seinem Partner die Freiheit und schreibt ihm keinen Wert als Kommunikationspartner zu. Der andere fühlt sich nicht angenommen.
– Die Schuld zuzuschieben, statt sachlich diskutieren. Auch Vorwürfe mit Verallgemeinerungen: „Nie machst Du …“ oder „Immer tust Du …“ gehören dazu. Frage: Kann das wirklich der Wahrheit entsprechen? Ist es nicht übertrieben?
– Alte Geschichten nachtragen, um den anderen in die Opferrolle zu zwingen. Respektlosigkeit bildet Hierarchien. Nur auf Augenhöhe kann respektvoller Umgang stattfinden.
– Beschimpfen um sich zu wehren, weil man sich unterlegen fühlt. Seine eigenen Minderwertigkeitskomplexe auf das Gegenüber projizieren ist easy, das können wir gut.
– Statt deutlich seine Meinung ausdrücken lieber seinen Ärger in sich hineinfressen – der Harmonie zu liebe. Irgendwann lässt man seinen geballten Frust heraus und schockt den Partner aus heiterem Himmel. Wie soll er erkennen, dass etwas nicht stimmt, wenn es ihm keiner sagt? Der Grund ist die Angst vor Konflikten. Oft begründet, weil der Partner dazu veranlagt ist emotional hochexplosiv zu sein. Dadurch wird immer Intimität verweigert, da man nicht offen und ehrlich ist.
– Schlecht beurteilen, weil man überzeugt ist, in diesem Bereich super zu sein. Zum Beispiel sich über die umherlungernde Socken beschweren und sich denken: „So etwas würde ich NIE tun“. Ein typisches Phänomen der Kategorie „Petrus-Ansage“. Worte haben Macht – kurze Zeit später lässt man nämlich selbst was auf dem Boden herumliegen. Erwischt!
Das sind alles Beispiele für subtile und offensichtliche Respektlosigkeiten.
Bei der Verschmelzung in der Partnerschaft stehen zu bleiben mündet über kurz oder lang in Trennung. Auf Dauer hält man es nicht aus, nicht ICH sein zu können. Man wird zornig, will ausbrechen und sich selbst verwirklichen. Warum behandelt er dich schlecht? Lies hier weiter.
Grenzen zu setzen macht echte Verbundenheit und Intimität erst möglich. Es beginnt mit dem Verantwortungsbewusstsein für die eigenen Gefühle. Der Partner ist nicht dafür verantwortlich! Er hat seine eigenen. Nur zusammen kann man Kompromisse eingehen und auf die Wünsche des Partners Rücksicht nehmen. Dafür ist viel Zeit, Geduld und natürlich reden – zuhören – respektieren nötig. Dann beschmeißt man seinen Partner, den man doch liebt, nicht mit emotionalem Müll und behandelt ihn auch nicht wie einen Schuhabtreter. Je mehr man durch die Projektionen sich selbst und seine fremd gewordenen Teile entdeckt, desto stärker werden die Gefühle die gegenseitig verbinden.
Mit Respektlosigkeit schubst man seinen Partner von sich weg. Dauerhafte Respektlosigkeit lässt die Beziehung sterben. Entweder das Problem wird rechtzeitig erkannt und daran gearbeitet oder man wartet passiv das Beziehungsende ab.
Oft verhalten sich scheinbar erwachsene Menschen wie dreijährige Kinder, wenn es ums Streiten geht („Du blöde Kuh!“; „Der da ärgert mich.“). Wenn man lernt, seine eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen und nicht ständig seinen Fokus auf der vermeintlichen Schuld des Partners hat, lernt man sie auch auszudrücken. Am besten funktioniert das mit ICH-Botschaften. Das bedeutet, ich formuliere wie ICH mich fühle, ganz ohne den anderen zu bewerten oder zu verurteilen.
Ein Beispiel: „Nie hast Du Zeit für mich!“ besser: „Ich möchte mehr mit Dir gemeinsam unternehmen. Wenn Du oft etwas mit Deinen Freunden machst, fühle ich mich zurückgewiesen.“
Respektvoll kommunizieren ist erlernbar, dafür musst Du kein Doktor der Psychologie sein. Es sind oft Kleinigkeiten, wie ein Perspektivwechsel durch die ICH-Botschaften, die sehr viel verändern! Probier es doch mal aus! Fehler macht jeder und es gibt Momente, da gehen einem die Emotionen durch. Wir sind auch nur Menschen und keine emotionslosen Roboter. Es geht nicht darum, Streit allgemein zu vermeiden – ich kenne niemanden der das kann und dabei keinen Groll empfindet. Auch respektvoll streiten will gelernt sein!
Wenn es Probleme beim Zuhören gibt, wie wäre es damit:
Jeder schreibt einen Brief, über was er denkt und fühlt. Seine Ängste, Sorgen, was ihn ärgert, was er sich wünscht. Ganz persönlich und ehrlich. Ohne den anderen zu bewerten oder beschuldigen. Dazu muss man kein Schriftsteller sein. Eine weitere Möglichkeit: den gesprochenen Monolog aufzeichnen. Der Partner kann ihn dann mehrmals anhören. Verwende Hilfsmittel für Eure gelungene Kommunikation!
Du kennst Dich selbst am allerbesten und Dir ist bestimmt bewusst, dass es mit Dir oft nicht einfach ist. Es ist nicht selbstverständlich zu jeder Zeit mit Dir klarzukommen, das fällt Dir auch manchmal schwer. Aber da hat sich ein Mensch entschieden bei Dir zu bleiben und Dich zu lieben. Also fange auch Du an Dich selbst zu respektieren und lieben. Mehr zum Thema Wertschätzung findest Du hier.
Lässt sich das Respekt-Problem nicht dauerhaft lösen, dann zieh’ die Konsequenzen!
Du hast tausend andere Möglichkeiten. Da draußen gibt es 7 Milliarden Menschen. Da wird doch ein Mann darunter sein, der Dich so liebt wie Du bist! Beide sollen die Beziehung wollen. Du hast es verdient, einen wertschätzenden Mann zu bekommen und musst niemandem hinterherlaufen. Du musst Dich nicht aufopfern, nur um nicht allein zu Hause zu sitzen. Gönn’ Dir jemand Gutes.